Kevelaer
Wallfahrt nach Kevelaer
Nach der Überlieferung geht die Wallfahrt nach Kevelaer auf die Weihnachtszeit des Jahres 1641 zurück. Der Handelsmann Hendrick Busman (auch Hendrik Busmann) betete an einem Hagelkreuz. Dort hörte er eine geheimnisvolle Stimme, die zu ihm sprach: "An dieser Stelle sollst du mir ein Kapellchen bauen!" (Op deze plaats sult gij mij een kapelleken bouwen!). In den kommenden Tagen vernahm Busman auf seinem Weg von Weeze nach Geldern, nahe dem Dorf Kevelaer in der Kevelaerer Heide, diese Stimme noch zweimal bei seinem Tagesgebet. Der Händler war nicht wohlhabend, dennoch baute er die kleine Kapelle.
Es war einen Monat vor Pfingsten im Jahr 1642. Die Frau des Händlers, Mechel Schrouse, hatte in jenen Tagen eine nächtliche Erscheinung. Sie beobachtete ein großes glänzendes Licht. In diesem Licht erkannte sie ein Heiligenhäuschen mit einem Bildchen der Gottesmutter Maria "Consolatrix Afflictorum" (Trösterin der Betrübten) von Luxemburg. Dieses war ihr kurz zuvor von zwei Soldaten käuflich angeboten worden. Hendrick Busman gab seiner Frau sofort auf, die beiden Soldaten zu suchen und das Bild zu erwerben. Mechel fand in Kempen einen Leutnant, in dessen Besitz sich die beiden Bildchen jetzt befanden. Sie konnte eines erwerben.
Das Bild bewahrte man in Geldern auf und verehrte es dort. Die Kapuziner aus Geldern und die Gemeinde forderten jedoch, das Bildchen in einer Prozession nach Kevelaer zu überführen – vergeblich. Der seinerzeitige Pfarrer der Kevelaerer Antoniuskirche, Johannes Schink, holte das Bildchen deshalb am 31. Mai ab und am Sonntag dem 1. Juni fügte er es in das Kapellchen ein. Noch an diesem Sonntag kamen viele Menschen aus Geldern und den umliegenden Ortschaften zu dem Heiligenhäuschen. . Dort findet man heute unter einem Wappenschild mit Kreuz und Blätterzweig geschrieben: "Ano 1642 Hendrick Busman - Mechel Scholt gegev".
Im Jahr 1647 überprüfte die Synode zu Venlo die Ereignisse der Jahre 1641 und 1642. Busman wurde angehört. Er berichtete die Ereignisse und gab einen Eid ab. Das reichte der Kirche offenbar aus, denn sie erkannte Kevelaer nach lediglich zwei Anhörungstagen als Wallfahrtsort an. Der Händler Busman starb am 14. März 1649.
Wunderheilungen nach katholischer Überlieferung
In der katholischen Überlieferung der Wallfahrt zu Kevelaer findet man Berichte über viele Wunderheilungen. Die frühesten Darstellungen von Wundern reichen in die Jahre 1642 und1643 zurück. Im Jahr 1642, so heißt es, wurde der gelähmte Peter van Volbroek aus Hassum nach einer Pilgerreise nach Kevelaer geheilt. Im Jahr 1643 ereignete sich ein weiteres Wunder: Eerutgen Dircks, eine Frau aus Huissen, wurde nach zweimaligem Besuch in Kevelaer ohne ärztliche Behandlung von jahrelang offenen Wunden an den Beinen geheilt. Bis zur Synode in Venlo im Jahr 1647 sollen sich sechs weitere Wunder ereignet haben. Die Synode erkannte alle acht Wunder nach katholischem Regelwerk an.
Im 19. Jahrhundert ereigneten sich vier weitere Wunder, die von der katholischen Kirche anerkannt wurden. Einmal ist die Heilung der Gelähmten Maria Katharina van Dyck im Jahr 1808 überliefert; weiter im Jahr 1849 die Heilung der Frau Agnes Schiefer. Im Jahr 1850 erlangte der Pilger Johannes Weidenbach seine Sehkraft wieder und die Pilgerin Agnes Meurßen ihre Sprechfähigkeit.
Entwicklung der Wallfahrt und Prozessionen
Neben der überraschend schnellen Genehmigung Kevelaers als Wallfahrtsort war Kevelaer schon bekannt geworden. Das hatte die Folge, dass die Zahl der Pilger, die jedes Jahr nach Kevelaer kamen, sprunghaft stieg. Die erste geschlossene Prozession nach Kevelaer geht auf das Jahr 1643 zurück. Damals wanderte eine große Gruppe von Pilgern zu Fuß von Rees nach Kevelaer. Die Pilger schnitten sich Späne aus dem Holzkreuz, an dem Busman gebetet hatte ab. So wurde es rasch unansehnlich. Daraufhin ließ der Drost von Geldern 1649 die Reste des Holzkreuzes entfernen und sprach ein Verbot aus, ein neues Kreuz aufzustellen.
1699 kam es zur ersten Prozession von Bonn nach Kevelaert. 400 Menschen pilgerten zu Fuß nach Kevelaer, um das Gnadenbild zu sehen und zu verehren.
Bis zum Jahr 1700 nahm die Zahl der Wallfahrer stetig zu. Die in Kevelaer ansässigen Pater konnten den enormen Zustrom von Pilgern nicht mehr bewältigen. An manchen Tagen waren mehr als 15.000 Menschen im Wallfahrtsort.
Die französische Besatzungszeit änderte dies. Es kam zur Säkularisation. Die Kerzen- und Gnadenkapelle war in den Jahren 1802 bis 1806 im Besitz des Staates. Es herrschte ein Verbot von Wallfahrten. Die Pilgerzahlen gingen stark zurück. Im Jahr 1809 wuchs die Pilgerzahl jedoch wieder auf 140.000 an.
1816, Kevelaer war bereits zwei Jahre wieder unter preußischer Herrschaft, wuchs Zahl der Pilger und Prozessionen weiter. In diesem Jahr feierte man 204 Prozessionen. 1817 reglementierten die Preußen die Wallfahrt jedoch stark und die Besucherzahlen brachen erneut in dem Umfang ein, wie zur Zeit der Besatzung durch Frankreich.
1842 wurde das 200jährige Jubiläum der Wallfahrt in Kevelaer gefeiert. 200.000 Pilgern und 254 Prozessionen besuchten Kevelaer.
1863 wurde Kevelaer an das Schienennetz angeschlossen und damit für Pilger viel einfacher erreichbar. Die Pilgerzahlen machten wieder einen Sprung nach oben. Im Jahr 1913 kamen 344 Pilgersonderzüge und insgesamt 600.000 Pilger besuchten den Ort.
Die Pilgerzahlen zu Anfang des ersten Weltkriegs sind nicht belegt. Nach einigen Quellen ist die Besucherzahl 1914 abgesunken, nach anderen ist ein Zuwachs und ein neuer Rekord im Jahr 1915 mit 500.000 Pilgern zu verzeichnen gewesen. Dies widerspricht allerdings auch der Zahl von 600.000 Pilgern im Jahr 1913. Festgehalten werden kann jedoch, dass Kevelaer in jener Zeit wenigstens eine halbe Million Pilger jährlich besuchten.
Im zweiten Weltkrieg wurde das 300jährige Jubiläum nicht begangen. 1942 kamen nur sehr wenige Menschen in den Wallfahrtsort. In den späteren Jahren ging die Zahl der Prozessionen und Pilger wieder nach oben. Heute kommen jährlich etwa 800.000 Menschen in den Wallfahrtsort Kevelaer.
Darstellung der Wallfahrt nach Kevelaer in Literatur und Musik
Heimatdichter nahmen sich schon in den Zeiten der Entstehung der Wallfahrt nach Kevelaer an. Aber auch Heinrich Heine verfasste im Jahr 1822 die Ballade "Die Wallfahrt nach Kevelaar" über die Kevelaerer Wallfahrt. Diese Ballade setzte Engelbert Humperdinck als Kantate für Alt- und Tenor-Solo, gemischten Chor und Orchester in Musik (EHWV 55, UA München 1878). Die Bläck Fööss schufen das Lied „Wick es d´r Wäch noh Kevelaer“.
Marienbasilika
Weil Kevelaer ein Wallfahrtsort ist, findet sich dort viele ansehnliche Kirchenbauten aus den letzten 350.Hervorzuheben ist die Marienbasilika. Hier werden die großen Pilgergottesdienste gefeiert. Die Marienbasilika wurde in den Jahren 1858 bis 1864 gebaut. Die Malereien in der Kirche stammen von Friedrich Stummel. Das Langhaus, das nördliche und das südliche Querhaus errichtete man nach Plänen des Kölner Dombaumeisters Vincenz Statz. Der über 90 m hohen Westturmes wurde von 1883 bis 1884 errichtet. 1923 wurde die Kirche eine päpstliche Basilica minor.
Knadenkapelle: das Kevelaerer Gnadenbild
Im Zentrum der Kevelaer Wallfahrt steht die Gnadenkapelle, in der das Gnadenbild von Kevelaer untergebracht ist. Die Kapelle errichtete man im Jahr 1645 um den Bildstock herum. Die Gnadenkapelle kann man als sechseckigen Kuppelbau, beschreiben. Man findet auf der Seite des Gnadenbildes eine große Fensteröffnung, die an ein Portal erinnert. Die künstlerische Ausgestaltung der Gnadenkapelle begann man 1888. Die Arbeiten dauerten vier Jahre.
Kerzenkapelle
Neben der Gnadenkapelle liegt die Kerzenkapelle. Dies ist die älteste Wallfahrtskirche der Stadt Kevelaer. Erbaut wurde sie in den Jahren 1643 bis 1645. Mehr als 30 Meter misst der Kirchenraum in der Länge. Er ist ca. 10 Meter breit und 15 Meter hoch. Die Kerzenkapelle ist einschiffig und im Stil einer schmalen Filialkirche gehalten. Sie besteht aus Backstein und hat keinen Trum, aber einen Dachreiter. Später schloss sich eine Sakristei der Kirche an. Der Erzengel Michael ist Schutzpatron der Kerzenkapelle.
Beichtkapelle
1857 begann der Bau der Beichtkapelle. 1858 war sie vollendet. Heute liegt die Beichtkapelle unmittelbar an der Marienbasilika. 1890 bis 1892 erweiterte man die zweischiffige Beichtkapelle an ihrer nördlichen Langseite und schuf so Raum für mehr Beichtstühle. Im Jahr 1987 trennte man einen Teil der alten Beichtkapelle für die Marienbasilika ab. Dieser Teil wurde zum heutigen so genannten Klostergang umgewidmet. Dieser Klostergang für zu mehreren Beichträumen. Heute nutzt man den Erweiterungsbau von 1892 als eigentliche Beichtkapelle.
Sakramentskapelle
Die Sakramentskapelle stammt aus dem Jahr 1860. Seinerzeit nutzte man sie als Beichtkapelle der niederländischen Pilger. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts baute man die Paradiesvorhalle an die Sakramentskapelle an. Leider wurde sie gegen Ende des zweiten Weltkrieges zerstört. Im Jahr 1890 baute man ein drittes Kirchenschiff. Im Jahr 1975 widmete man die Beichtkapelle zur Sakramentskapelle um.
Form Pax Christi
Das Forum Forum Pax Christi liegt zwischen der Kerzenkapelle und dem Niederrheinisches Museum für Volkskunde und Naturgeschichte. Hier kann man jedes Jahr einen Krippenmarkt besuchen. 1948 fand in Kevelaer der erste internationale Pax-Christi-Kongress statt. Das war der Grund, warum die im Jahr 1982 neu errichtete offene Kapelle des Pilgerzentrums Pax-Christi-Kapelle genannt wurde. 1999 überdachte man den Vorplatz der Kapelle mit einem. Das gesamte Gebäude heißt nun Forum Pax Christi.
Johanneskapelle
1992 errichtete man die Johanneskapelle. Es handelt sich um eine Kapelle für orthodoxe Christen. Die liturgischen Feiern allerdings dürfen nur von den autokephalen orthodoxen Kirchen celebriert werden.
Priesterhaus
Das Priesterhaus, so wie es heute steht, wurde in den Jahren 1647 bis 1650 gebaut. Es war zu jener Zeit ein Kloster der Oratorianerpatres. Zwischen den Jahren 1664 und 1802 war das Kloster ständig durch einen Oratorianerpater belegt. Im Jahr 1802 wurde der Orden durch die Säkularisierung von den Franzosen aufgehoben. Das Kloster musste schließen.
Andere kirchliche Bauten in Kevelaer
Andere kirchliche Gebäude in Kevelaer von einiger Bedeutung sind das Klarissenkloster, das Provinzialmutterhaus der Vorsehungsschwestern, das allerdings geschlossen ist. Zu erwähnen sind das ebenfalls zwischenzeitlich geschlossene Exerzitienhaus der Clemensschwestern sowie die St. Antonius-Kirche. Viele Pilger des Wallfahrtsortes Kevelaer besuchen diese Gotteshäuser.