Telgter Wallfahrt
Wallfahrt nach Telgte
Die Wallfahrt nach Telgte oder die Telgter Wallfahrt besteht aus drei historisch gewachsene Wallfahrten zum Wallfahrtsort Telgte. Telgte kann deshalb als Hauptwallfahrtsort des Bistums Münster angesehen werden.
Die Wallfahrten gehen von den Städten Münster, Osnabrück und Warendorf aus. Die von Osnabrück nach Telgte führende Wallfahrt trägt auch den Namen Osnabrücker Wallfahrt. Diese Pilgerfahrt hat durchschnittlich 7.500 Teilnehmer. Damit ist diese Osnabrücker Wallfahrt nach Telgte die zweitgrößte Wallfahrt in Deutschland. Größer ist lediglich die Wallfahrt nach Altötting, die von Regensburg zur Gnadenkapelle in Bayern führt. Ziel der Wallfahrten nach Telgte ist die Wallfahrtskapelle in Telgte.
Das Gnadenbild
Warum kommen die Pilger nach Telgte? Die Antwort lautet: sie verehren das Telgter Gnadenbild der schmerzhaften Maria aus Lindenholz. Dieses Bildnis stammt ungefähr von 1370. Es stellt eine Pietà dar, also den Leichnam des vom Kreuz abgenommen Christus im Schoß seiner Mutter Maria. Das Gnadenbild stand im Eigentum der Muttergottes-Bruderschaft. In den Anfangsjahren trug man das Gnadenbild den örtlichen Flurprozessionen, die Bittprozessionen waren, voran. Dabei hüllte man die Pietà in einen wertvollen Mantel und setzte ihr eine Krone auf. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, der im Münsterland besonders stark wütete, erbaute der Münsteraner Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen eine Wallfahrtskapelle für die Pietà. Das war im Jahr 1654. Im Jahr 1904 trug Papst Pius X. sie in das Verzeichnis der weltweit anerkannten Gnadenbilder ein.
Günter Grass und das Gnadenbild von Telgte
Günter Grass, der Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger, nimmt das Telgter Gnadenbild in seiner Erzählung „Das Treffen in Telgte“ aus dem Jahr 1979 auf. Der Inhalt in kurzen Worten: In Telgte suchte eine Gruppe von Dichtern und Schriftstellern bei der Wirtin Libuschka Unterkunft. Auch andere Reisende waren dort. Nach dem Essen zieht die Dichtergruppe von der Kleinen Wirtsstube in die Große Diele um. Doch der Student Scheffler bleibt als einziger der Gruppe fern. Noch während der Vorspeise war er aufgestanden und ging durch das Emstor in die Stadt. Er suche das Ziel der alljährlichen Telgter Wallfahrt, ein holzgeschnitztes Vesperbild, auf. Es handelte sich um die sitzende Maria, die wie starr ihren todesstarrenden Sohn trägt. Während Scheffler bei der Maria weilt, rezitieren die Herren Dichter aus ihren Werken. Als die Schriftsteller schließlich am späten Abend die Große Wirtsdiele räumen, ist der Medizinstudent wieder unter ihnen. Er schaute, als sei ihm unterwegs ein Wunder geschehen. Was geschehen war: der Pfarrer der Hauptkirche hatte ihm das Telgter Vesperbild gezeigt, das versteckt in einem Schuppen stand. Zu dem neben ihm stehenden Czepko sagte Scheffler, die die Gottesmutter habe ihm bedeutet, dass, wie Gott in ihm, sie in jedes Mägdlein Schoß zu finden sei.
Ursprung der Telgter Wallfahrt
Die Telgter Wallfahrt reicht zurück zum münsterschen Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen. Dieser befahl im Jahre 1651 eine Prozession von Münster und Warendorf nach Telgte an. Im Jahr 1654 erklärte von Galen Telgte zum Hauptwallfahrtsort des Bistums Münster. In den kommenden vier Jahren erbaute er dort eine Wallfahrtskapelle. Zwischen den Jahren 1658 bis 1663 wurde der historische Wallfahrtsweg von Münster nach Telgte angelegt. Er führt heute neben der heutigen Bundesstraße 51 her. Der Wallfahrtsweg geht auf Johann Blankenfort zurück, den damaligen Rektor des münsterschen Jesuitenkollegs. Er stellte fünf doppelseitige Bildstöcke mit Stationen aus dem Leben Marias auf. Auf der nach Münster gerichteten Seite sieht man die Schmerzen und auf Telgter Seite die Freuden von Maria. Die Bildstöcke sind auf dem Teilstück zwischen der Lützowstraße und der Straße Kiebitzpohl zu finden. Einen Wallfahrtsweg mit Bildstöcken gibt es auch entlang der Bundesstraße 64 von Warendorf in Richtung Telgte.
Wallfahrt von Osnabrück nach Telgte
Die Wallfahrt von Osnabrück hatte im 19. Jahrhundert in einer Laienbewegung ihren Ursprung. So ersuchten am 26. März 1852 Osnabrücker Bürger, dabei ein Gärtnermeister, ein Kupferschmiedmeister, ein Goldschmied und ein Schneidermeister, den Osnabrücker Weihbischof Carl Anton Lüpke um die Erlaubnis für eine Wallfahrt nach Telgte. Man wollte sie am Fest Mariä Heimsuchung durchführen. Am 30. März kam die Erlaubnis vom Bischof. Darin schrieb der Bischof vor, dass die Prozession am Johannistor in Osnabrück beginnen solle. Die Wallfahrer sollten eine eigene Fahne tragen, welche in der Johanniskirche aufbewahrt und nur entfaltet werden sollte, während sie durch Glandorf und Telgte zogen. Der Bischof verbot zudem den Genuss von Branntwein und anderen alkoholischen Getränken.
In den Ursprüngen waren es auch Laien, keine Geistlichen, die die Wallfahrt anführten. Als erster Führer der 25 Pilger des Jahres 1852 steht der Schneidermeister M. Conrad Specht in den Geschichtsbüchern. Er trug einen schwarzen Talar. Im Jahr 1853 gingen 200 Gläubige auf Wallfahrt, im 1854 1500. Im 1856 befahl der Bischof, dass künftig der erste Pfarrkaplan oder Pfarrvikar von St. Johann die Wallfahrt als Geistlicher anführen musste. Das erste Wallfahrtsbuch wurde von Vikar Löning von St. Johann verfasst. Er führte in den Jahren 1873 bis 1889 die Wallfahrt an.
In den Kriegsjahren von 1864 bis 1866, den Jahren des Kulturkampfes von 1872 bis 1882, während des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 sowie im Nationalsozialismus von 1938 bis 1944 gab es keine Wallfahrt. Es bestand ein Verbot. Kleine Gruppen widersetzen sich dem jedoch und gingen als Wanderer nach Telgte. Im Jahr 1947, zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zählte man 7.000 Gläubige, die sich an der Wallfahrt beteiligten, im Jahr 1952 waren es fast 10.000. In den 1960er Jahren nahmen die Pilgerzahlen stark ab, in den 1980er Jahren stiegen sie wieder an. Im Jahr 2002 fand das Wallfahrtsjubiläum statt. In diesem Jubiläumsjahr gingen 11.500 Pilger gemeinsam auf Wallfahrt. Das war ein Deutschlandrekord des Jahres.
Ablauf der Osnabrücker Wallfahrt
Die Wallfahrt von Osnabrück nach Telgte findet immer am zweiten Wochenende nach Peter und Paul statt. Die Wallfahrer pilgern auf der Bundesstraße 51. Die Route führt durch die an der Straße liegenden Ortschaften. Auf Umgehungsstraßen wird also nicht gelaufen.
Der Tag der Wallfahrt nach Telgte ist also immer ein Samstag. In den Osnabrücker Kirchen St. Johann und St. Joseph wird in der Früh um 1:30 eine Pilgermesse gehalten. Um drei Uhr starten die Wallfahrer anschließend am Johannisfriedhof. Der Weg führt über den Harderberg und durch Oesede, (Georgsmarienhütte). Es geht leicht bergan zum Herrenrest am Dörenberg. Hier rasten die Wallfahrer zum ersten Mal gegen 5:15 Uhr an der Klause. Um sechs Uhr trifft der Pilgerzug in Bad Iburg ein. In Glandorf findet um acht Uhr eine Pilgermesse statt. Um 9:30 Uhr zieht man Glandorf aus zur Klause bei Gut Oedingberge. Wieder wird pausiert. Weiter wandert man nach Ostbevern und hält dort zur Mittagsrast. Um 15:45 Uhr ziehen die Wallfahrer in Telgte ein. Das Gnadenbild erwartet sie. Der Pilgertag wird um 19:30 Uhr mit einer Abendandacht beschlossen.
Am Sonntag wird um 4:30 Uhr eine Pilgermesse gefeiert. Danach wird eine Familien- und Jugendmesse zelebriert und einer Andacht gehalten. Um acht Uhr beginnt der Heimmarsch für die Wallfahrer. Um 17:30 Uhr treffen sie in Bad Iburg ein. Die nächste Station ist Oesede. Hier wird um 18:45 Uhr in der Kirche St. Peter und Paul (Georgsmarienhütte) eine Schlussandacht abgehalten.
Jubiläumswallfahrt 2002
Im Juli 2002 fand die Osnabrücker Wallfahrt nach Telgte zum 150. Mal statt. Es waren 11.500 Gläubige, die mit pilgerten. Es habe sich um eine „Prozession der Superlative“ gehandelt, die die Massen begeistert habe, schrieben die Westfälischen Nachrichten als örtliche Zeitung. In jeder Ortschaft und an allen zentralen Straßenkreuzungen seien neue Gruppen in den Pilgerzug aufgenommen worden. Und das, obwohl das Wetter nicht gerade prächtig war. Kurz vor dem Ziel musste noch mit Regen gekämpft werden.
Der Telgter Kirchplatz konnte die Massen beinahe nicht fassen. Es waren der apostolische Nuntius für Deutschland, Erzbischof Giovanni Lajolo, und der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sowie der münsterischen Weihbischof Friedrich Ostermann, die erschöpften Pilger willkommen hießen. Bischof Bode legte als Höhepunkt dem Gnadenbild eine eigens für das Jubiläum angefertigte wertvolle Plakette um. Das Durchschnittsalter der Wallfahrer sei unter 30 Jahren gewesen.